In den frühen 2000ern veränderte sich die deutsche Rap-Szene radikal. Wo zuvor eher humorvoller Hip-Hop à la Fettes Brot oder Fantastische Vier dominierte, kam plötzlich ein neuer, harter Ton auf: Ghettorap. Und mit ihm Namen wie Sido, Bushido, Fler oder später Kollegah, die den Soundtrack einer ganzen Generation prägten – und gleichzeitig heftig umstritten waren.
Das Epizentrum war das Label Aggro Berlin, gegründet 2001. Schon das Logo – eine fletschende Bulldogge – machte klar: Hier wird nicht gekuschelt. Statt Partyhits ging es um Straßenrealität, Provokation und Attitüde. Ghettorap war roher, dreckiger und kompromissloser als alles, was man bis dahin aus Deutschland kannte.
Sido schockte 2004 mit „Maske“ und seiner silbernen Totenkopf-Maske. Songs wie „Mein Block“ wurden Hymnen einer Jugend, die sich in Plattenbau-Siedlungen wiedererkannte – und gleichzeitig feierten auch Gymnasiasten in Vororten die raue Authentizität.
Bushido wurde mit „Vom Bordstein bis zur Skyline“ (2003) zum Aushängeschild des Genres. Seine Beats waren düster, seine Texte provokant – zwischen Selbstinszenierung, Straßengeschichten und endlosen Kontroversen.
Auch Fler sorgte für Schlagzeilen, etwa mit dem Song „Neue Deutsche Welle“, der Debatten über Patriotismus und Provokation lostrat.
Die Medien reagierten empört: Ghettorap wurde als jugendgefährdend, sexistisch oder gewaltverherrlichend kritisiert. Doch genau dieser Skandalwert machte ihn noch attraktiver für Jugendliche – Aggro war Rebellion pur.
Gleichzeitig war der Sound auch kulturell prägend: Streetwear, Graffiti, Sprache – Begriffe und Haltungen aus dem Ghettorap fanden ihren Weg in den Mainstream. Selbst Werbespots griffen den Slang irgendwann auf.
Heute sind viele der damaligen Rapper etablierte Stars, manche sogar TV-Gesichter. Doch in den 2000ern war Ghettorap das Synonym für Provokation – und der Beweis, dass deutsche Musik mehr sein konnte als Pop oder Schlager.
Kurz gesagt: Der Ghettorap der 2000er war laut, dreckig, umstritten – und genau deshalb so einflussreich.