Wer in den 90ern oder frühen 2000ern jugendlich war, brauchte kein Smartphone und kein TikTok – man hatte die Bravo. Jeden Donnerstag stapelten sich die Hefte an den Kiosken, und wer sie kaufte, war nicht nur informiert, sondern sozial abgesichert: Ohne Bravo war man im Pausenhof so orientierungslos wie ohne Tamagotchi-Bedienungsanleitung.
Die Bravo war alles in einem: Pop-Bibel, Aufklärungsratgeber, Posterlieferant und Klatschkolumnistin. Dr. Sommer beantwortete mit stoischer Geduld Fragen wie „Kann man von Küssen schwanger werden?“ oder „Warum knackt es, wenn ich meinen Zeh bewege?“. Für viele war das die erste „Sex-Ed“, noch bevor die Schule überhaupt das Wort „Aufklärung“ in den Mund nahm.
Dazu gab’s Stars zum Anfassen – oder zumindest zum An-die-Wand-Kleben. Backstreet Boys, Britney Spears, Kelly Family, später Tokio Hotel – alle landeten irgendwann als DIN-A2-Poster in deutschen Kinderzimmern. Wer cool war, hatte die Poster glatt an der Wand. Wer richtig cool war, hatte sie mit Heftzwecken so zerfleddert, dass Nick Carter schon Eselsohren hatte.
Und dann die Foto-Love-Storys: Schwarz-weiße Bilder mit Sprechblasen, die den ewigen Kreislauf von „verliebt – verunsichert – verknallt – verraten – wieder versöhnt“ nacherzählten. Soap, aber zum Umblättern.
Die Bravo war so allgegenwärtig, dass sie selbst Erwachsenen auffiel – meistens, wenn sie beim Aufräumen unter der Bettdecke eine verdächtig zusammengefaltete Doppelseite fanden.
Heute wirkt die Bravo fast wie ein archäologisches Fundstück: ein Stück Papierkultur aus einer Zeit, in der man wirklich noch eine Woche auf Infos über die Lieblingsband warten musste. Aber wer dabei war, weiß: Donnerstag war Bravo-Tag – und damit heiliger Feiertag der Teeniekultur.