AOL-CDs und Boris Becker – „Bin ich schon drin?“

Wer in den späten 90ern und frühen 2000ern in Deutschland einen Briefkasten hatte, kennt sie: die AOL-CDs. Sie lagen in Zeitschriften, flatterten per Post ins Haus oder wurden an Supermarktkassen verteilt – kleine silberne Scheiben, die einem „kostenlose Stunden im Internet“ versprachen.

Damals war das Netz noch kein selbstverständlicher Begleiter, sondern ein Abenteuer. Man wählte sich mit knarzenden Modems ein, jede Minute kostete, und die große Frage war: Wie komme ich eigentlich online? AOL wollte die Antwort liefern – mit Installations-CDs, die so massenhaft produziert wurden, dass man heute sagen könnte: Die eigentliche Internet-Infrastruktur der 90er bestand aus Plastikscheiben.

Unvergesslich machte AOL aber nicht nur die Flut an CDs, sondern auch die Werbung mit Boris Becker. 1999 saß er da, drückte ein paar Tasten und fragte mit breitem Grinsen: „Bin ich schon drin?“ – und mit diesem Satz schrieb er Werbegeschichte. Ganz Deutschland zitierte ihn, und plötzlich war „online sein“ ein Gesprächsthema selbst für Leute, die bisher nur Faxgeräte kannten.

Die Kampagne traf den Nerv der Zeit: Internet als etwas Neues, Aufregendes, aber auch Simples. AOL versprach, dass jeder, wirklich jeder, mit ein paar Klicks „drin“ sein konnte – vom Teenager bis zum Tennischampion.

Heute wirken die AOL-CDs wie archäologische Artefakte einer Übergangszeit. Niemand braucht mehr Software, um ins Netz zu gehen, und Boris Beckers Frage ist längst beantwortet: Ja, wir sind alle drin – permanent.

Doch für die 90er-Kids bleibt sie Kult. Denn wer einmal eine dieser CDs in der Hand hatte und das Modem piepen hörte, weiß: So klang der erste Schritt ins digitale Zeitalter.